RA Mayer / Prof. Dr. Nestler
Fortbildung Strafrecht / Strafprozeßrecht aktuell

23.03.2012

Besetzung zweier Revisionssenate des BGH mit einem einzigen Vorsitzenden

BGH 4 StR 523/11, Beschluss vom 11.01.2012
Das Präsidium des Bundesgerichtshofs hat in Wahrnehmung der ihm § 21e Absatz 1 Satz 1 GVG obliegenden Aufgabe den Geschäftsverteilungsplan hinsichtlich des Vorsitzes im 2. und 4. Senat in - so der 4. Senat und der 2. in einer Sitzgruppe - willkürfreier Auslegung des § 21f Absatz 2 Satz 1 GVG und unter Berücksichtigung der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung getroffen. Mit einer detaillierten Begründung halten sich beide Senate, soweit sie diese Auffassung vertreten nicht auf.     

BGH 2 StR 482/11, Beschluss vom 11.01.2012
s.o.

BGH 2 StR 346/11, Beschluss vom 11.01.2012

(Ganz kurz) vor Fassung der beiden vorstehenden Beschlüsse hat der 2. Strafsenat in anderer Besetzung ausführlich begründet, weshalb er der Auffassung ist, dass die Besetzung zweier Senate mit nur einem Vorsitzenden gegen Art. 101 I S. 2 GG verstößt. Der Senat sieht die Unabhängigkeit des Richters nicht mehr gewährleistet, wenn ihm eine angemessene richterliche Tätigkeit dadurch verunmöglicht wird, dass ihm ein nicht angemessen und ordnungsgemäß zu bewältigenden Pensum auserlegt wird.  Dabei wird nicht formal - wie in der interessierten Öffentlichkeit diskutiert - darauf abgestellt, dass ein Vorsitzender mindestens 75 % seiner Arbeitskraft dieser Tätigkeit zu widmen hat (was rechnerisch zu einer 150 %igen Belastung führte), sondern dezidiert konkret belegt, dass die Wahrnehmung zweier Vorsitzendenämter schlicht nicht zu schaffen ist. Der Senat hat das Verfahren ausgesetzt.        

BGH 2 StR 346/11, Beschluss vom 08.02.2012
Am 18.01.2012 hat das Präsidium des BGH die Regelung des Doppelvorsitzes im Hinblick auf den vorstehenden Beschluß nochmals bekräftigt. In der Folge wurden drei Richter (Eschelbach, Krehl, Ott), die an der Entscheidung beteiligt waren, vor das Präsidium zitiert und befragt, wie sie es zukünftig mit ihrer Rechtsauffassung halten würden, was zu großer Empörung im Bereich - jedenfalls der liberalen - Richterschaft geführt hat.

Daraufhin hat der Senat - in identischer Besetzung - beschlossen, die Sache zu entscheiden, obgleich er sich nach wie vor nicht ordnungsgemäß besetzt sieht. Damit will der Senat einen Stillstand der Strafrechtspflege - jedenfalls in dieser Besetzung - vermeiden.